Notfallversorgung im Koalitionsvertrag: „Licht, aber leider auch viel Schatten“

2. Dezember 2021

„Mehr Fortschritt wagen - Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit“ lautet der Titel des Koalitionsvertrages zur Bildung einer neuen Bundesregierung, den SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP am 24. November 2021 gemeinsam in Berlin vorgestellt haben. Die für gesundheitspolitische Herausforderungen vorgesehenen, vertraglichen Maßnahmen nehmen auch die Notfallversorgung in den Blick. Zum Koalitionsvertrag der sich noch bildenden, neuen Bundesregierung erklärt Pierre-Enric Steiger, Präsident der Björn Steiger Stiftung:
„Wir haben uns innerhalb unserer Stiftung eingehend Zeit genommen, den von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP vorgestellten Koalitionsvertrag für die neue Bundesregierung auszuwerten. Im Ergebnis: Mit Blick auf die Notfallversorgung gibt es im Vertrag durchaus Licht, aber leider auch viel Schatten.

Die Absicht, dem Bund mehr Verantwortung für den Bevölkerungsschutz zu übertragen, ist wichtig und zielführend. Das gilt auch für die angedachte Rolle des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz als einer verantwortlichen Zentralstelle - wobei die geplante Neuaufstellung des BBK leider nicht näher erläutert wird. Wie die Bewältigung der bestehenden personellen, materiellen und organisatorischen Herausforderungen gelingen soll, ist im Vertrag schlicht nicht aufgeführt. Die geplanten bundesweit einheitlichen Freistellungs- und Versicherungsschutzregeln für ehrenamtliche Helferinnen und Helfer sind allerdings gut und wichtig. Dieser Schritt ist lange überfällig!

Der im Koalitionsvertrag angestrebte „Föderalismusdialog“ für eine transparente und vor allem effizientere Verteilung der Aufgaben zwischen Bund, Ländern und Kommunen ist grundsätzlich richtig. Gleichwohl habe ich mit einiger Irritation zur Kenntnis nehmen müssen, dass als wichtigste Aufgaben dabei die Innere Sicherheit sowie der Katastrophen- und Bevölkerungsschutz benannt werden, nicht aber die Notfallrettung. Schon jetzt ist aber absehbar: Ohne Vorgaben des Bundes wird es mit Blick auf bereits bestehende Missstände auch in der neuen Legislaturperiode keine Verbesserungen in der Notfallversorgung geben können.

Das angestrebte, neue Berufsbild der ‚Community Health Nurse‘ ist gut und es sollte unbedingt dem Beruf der Gemeindenotfallsanitäterin bzw. des Gemeindesnotfallsanitäters entsprechen, wie Erfahrungen im Alltag der Notfallversorgung aus unserem Nachbarland Österreich zeigen. Die geplanten bundeseinheitlichen Berufsgesetze für Pflegeassistenz, Hebammenassistenz und Rettungssanitäter*innen sind grundsätzlich ebenfalls zu begrüßen - wobei auch die Ausbildung der Notfallsanitäter*innen hätte berücksichtigt werden müssen.

Das im Koalitionsvertrag vorgesehene Gesundheitssicherstellungsgesetz mit regelmäßigen Ernstfallübungen und einem ‚Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit‘ wäre zielführend, ebenso wie die beschleunigte Einführung der elektronischen Patientenakte. Wichtig wird mit Blick auf die ePA allerdings sein, Zugriffsberechtigungen auch für Notärztinnen und Notärzte sowie den Rettungsdienst sicherzustellen.

Der Nationale Präventionsplan, den SPD, Grüne und FDP im Koalitionsvertrag vereinbart haben, ist mit Sicherheit sehr wichtig. Dabei wird aber entscheidend sein, dass eines der darin vorgesehenen Maßnahmenpakete die Wiederbelebung in den Blick nimmt - z. B. mit Reanimationsschulungen ab der Klassenstufe 7 im Schulunterricht in ganz Deutschland und mit der gezielten Förderung von Ersthelfer-Apps.

Ein weiteres Ziel im neuen Koalitionsvertrag sind dringend erforderliche Verbesserungen für die Arbeitsbedingungen in den Gesundheitsberufen und in der Pflege und zudem Maßnahmen zur Fachkräftesicherung. Das ist zu begrüßen. Ich habe allerdings kein Verständnis dafür, dass die entsprechenden Absichtserklärungen mit kaum einem Wort konkretisiert wurden - und das, obwohl die genannten Bereiche seit langen Jahren gesundheits- und gesellschaftspolitische „Großbaustellen“ sind.“

Die Björn Steiger Stiftung wird die Umsetzung der geplanten Maßnahmen aufmerksam begleiten und auch weiterhin das Gespräch mit den politisch Verantwortlichen im Bund und in den Ländern suchen, um gemeinsam gegen bestehende Missstände in der Notfallversorgung und in den rettungsdienstlichen Bereichen vorgehen zu können. Die Koalitionsverhandlungen hatte die Stiftung mit einem umfassenden 20-Punkte-Papier begleitet, das in den Verhandlungen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP Berücksichtigung fand.

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