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Rückblick: #RettungsdienstNeuDenken  Onlineveranstaltung vom 24. März 2021

#RettungsdienstNeuDenken

„Es ist völlig ‚wurscht‘, wo die Leitstelle ist!“

Patientensteuerung im Mittelpunkt der zweiten Ausgabe von #RettungsdienstNeuDenken

Der letzte Aufruf des Abends gehörte Winfried Plötze: Ein „Reformgesetz Notfallversorgung“, so der baden-württembergische Landesgeschäftsführer der BARMER Ersatzkasse, sei nach der Bundestagswahl 2021 ebenso dringend erforderlich wie eine einheitliche Leistellensoftware in ganz Deutschland.

Der deutschlandweite Reformbedarf in der rettungsdienstlichen Versorgung bzw. konkret der Leistellen wurde auch in Plötzes abschließenden Gedanken noch einmal überdeutlich, nachdem das Thema in vielfacher Weise bereits den Abend bestimmt hatte. 50 Gäste waren am Abend des 24. März 2021 via ZOOM zur zweiten, komplett digitalen Ausgabe des Formats #RettungsdienstNeuDenken der Björn Steiger Stiftung und von Hashtag Gesundheit e. V. zugeschaltet. Der Blick der Veranstaltung richtete sich auf die Leitstellenstruktur(en) in ganz Deutschland und damit auf eine seit langen Jahren bestehende rettungsdienstliche „Großbaustelle“. Der Blick in das benachbarte Ausland erwies und erweist sich als hilfreich, um ein wegweisendes „Best Practice“-Beispiel im Bereich der Leistellen kennen zu lernen: Christof Chwojka, Leiter des „144 Notruf Niederösterreich“verdeutlichte in seiner einleitenden Keynote, wie eine leistungsfähige Leitstelle strukturiert sein und arbeiten kann. „Patientinnen und Patienten direkt zum ‚best point of service‘!“ lautete ein wesentlicher Punkt in Chwojkas Vortrag, in dem sich wiederholt zeigte: Leistellen in Österreich dienen gewissermaßen als Callcenter für alle medizinischen Belange von der Medizinberatung und der Terminvermittlung über das Ausstellen eines Folgerezepts im Notfall bis hin zum Einsatz des Hausbesuchsdienstes bzw. natürlich auch zu notärztlichen Einsatzfahrten. Das althergebrachte Prinzip Leitstelle sei auch in Deutschland grundlegend zu überdenken - von Chwojka salopp aber treffend im weiteren Verlauf des Abends zusammengefasst: „Es ist völlig ‚wurscht‘, wo die Leitstelle ist!“

Zustimmung erfuhr Chwojka in der anschließenden Diskussion von den weiteren Expertinnen und Experten des Abends, deren Gespräch von Rebecca Beerheide, der Leiterin der Politischen Redaktion des „Deutschen Ärzteblatts“ moderiert wurde. Michelle Nilles, Notfallsanitäterin beim hessischen Landesverband des Deutschen Roten Kreuzes und Mitglied von Hashtag Gesundheit e. V., betonte, der berufliche Alltag im Rettungsdienst sei von vielen verschiedenen Herausforderungen bestimmt. Neustrukturierungen seien dabei auch mit Blick auf die bestehende, uneinheitliche Leistellenstruktur „wünschenswert“. Die Gesundheitsversorgung in ganz Deutschland müsse sich „zwingend sektorenübergreifend hin zu einer patientenorientierten Vernetzung entwickeln.“ Dies deckte sich mit den Auffassungen des Notfallmediziners Dr. Janosch Dahmen MdB, der im November 2020 für die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen in den Deutschen Bundestag nachgerückt ist. Die „starke Fragmentierung des gesamten Gesundheitswesens“ in Deutschland spiegele sich auch im Blick auf die Leitstellen, so Dahmen, der dringenden Reformbedarf anmahnte - auch aufgrund seiner langjährigen Berufserfahrung in verschiedenen leitenden Positionen im Rettungsdienst. Der Einsatz gewissermaßen für mehr Brücken statt neuer Mauern sei entscheidend, „vernetzte und integrale Lösungen“ seien wegweisend. Dies gelte in der rettungsdienstlichen Versorgung wie im gesamten Gesundheitswesen. Zudem habe sich das Selbstverständnis der Notfallmedizin der täglichen Einsatzrealität anzupassen - und nicht umgekehrt.

Dem Aufruf zu mehr flächendeckenden Lösungen schloss sich auch Winfried Plötze an, der seine vielfältige Berufserfahrung als baden-württembergischer Landesgeschäftsführer der BARMER Ersatzkasse in die Diskussion einbrachte. „Weg vom Kirchturmdenken!“ sei ein Gebot der Stunde, ebenso wie eine verbesserte Abstimmung zwischen Krankenhäusern und Rettungsdienst. Nachholbedarf bestehe in der rettungsdienstlichen Versorgung nach wie vor in sehr vielen Bereichen, ergänzte Nicole Steiger, bei der Björn Steiger Stiftung als Koordinatorin des „Forums Rettungsdienst“ aktiv. Die Erfahrung im Dialog mit politisch Verantwortlichen zeige, dass „gute Laune und festes Schuhwerk“ auf dem weiten, mitunter staubigen Weg zu nachhaltigen Reformen erforderlich seien - und beides werde die Björn Steiger Stiftung in ihrem Wirken auch weiterhin tragen.

Das Format #RettungsdienstNeuDenken wurde im Herbst 2020 von der Björn Steiger Stiftung und von Hashtag Gesundheit e. V. ins Leben gerufen, um mit Verantwortlichen im politischen Berlin bzw. im Deutschen Bundestag den Gedankenaustausch zu aktuellen Fragen rund um die Zukunft der rettungsdienstlichen Versorgung zu suchen. Die dritte Ausgabe des Formats wird für den Herbst 2021 (nach der Bundestagswahl) vorbereitet.

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